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GEW: 'KMK braucht Expertengruppe zur Absicherung der Medienvielfalt in der Schule'


Von neolern GmbH

Stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Marianne Demmer, im Interview

In Deutschland müssen sich deutlich mehr Schüler einen Computer teilen, als in anderen Ländern. Die IT-Ausstattung in den Schulen ist so uneinheitlich wie die Vermittlung von Medienkompetenz. Unternehmen nutzen die Situation und drängen zunehmend in die...
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Berlin, 16.04.2012 - In Deutschland müssen sich deutlich mehr Schüler einen Computer teilen, als in anderen Ländern. Die IT-Ausstattung in den Schulen ist so uneinheitlich wie die Vermittlung von Medienkompetenz. Unternehmen nutzen die Situation und drängen zunehmend in die Schulen, um durch Sponsoring für sich zu werben. DIGITAL LERNEN sprach über diese Themen mit der stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Marianne Demmer.

DIGITAL LERNEN: Im OECD-Durchschnitt teilen sich 7,7 Schüler einen Computer. In Deutschland sind es ganze 11 Schüler. Warum sind die Schulen in Deutschland so schlecht mit Computern und Laptops ausgestattet?

Marianne Demmer: Es gibt mehrere Gründe: Deutschland hinkt internationalen Entwicklungen meist hinterher. Dann verhindert der Bildungsföderalismus einheitliche Standards, jedes Bundesland gibt sich deshalb eigene Standards. Und zur Senkung der Staatsschulden muss in den Bundesländern seit vielen Jahren meist der Bildungsbereich herhalten. Auch sind die Kommunen nicht finanzkräftig genug, um ihre Schulen bedarfsgerecht auszustatten, es fehlt schlicht das Geld. Schulen versuchen oft die IT-Ausstattung durch Sponsoring zu verbessern, haben aber dann das Problem, dass sie auf den Folgekosten sitzen bleiben. Den gemeinsamen Willen - auch der Politik - die Schulen ins digitale Zeitalter zu führen, gibt es auf dem Papier und in Sonntagsreden, aber nicht in der Wirklichkeit.

Auf dem Bildungsgipfel wurde verabredet, wesentlich mehr in die Bildung zu investieren. Wäre es ein Weg, dass der Bund Mittel für eine bessere Ausstattung der Schulen zur Verfügung stellt?

Nach Auffassung der GEW ist dies der einzige Weg. Wir brauchen von Seiten des Bundes zusätzliches Geld für den Bildungsbereich, um tatsächlich in der Fläche und nicht nur für Leuchttürme die Situation maßgeblich zu verbessern. Allerdings ist dies ein Problem, da der Bund seit der Föderalismusreform hier nicht mehr viel tun kann?

? das heißt Sie plädieren für die Abschaffung des Kooperationsverbots?

Genau, das Kooperationsverbot ist schlichter Blödsinn. Es muss abgeschafft werden. Wir brauchen gemeinsame Finanzierungsanstrengungen. Sonst wird das Dilettieren so weitergehen. Es wird sonst einige Schule geben, die eine gute Ausstattung haben, aber eben keinen Ausbau in der Fläche.

Nun gibt es einige Schulen die zwar eine gute Ausstattung haben, in denen aber nicht alle Lehrkräfte die digitalen Medien auch einsetzen. Woran liegt das?

Auch hier gibt es unterschiedliche Gründe. Die Schulen haben in der Regel kein hauptamtliches technisches Personal. Aber auch interaktive Tafeln sind anfällig für Reparaturen, Programme laufen manchmal nicht. Vieles funktioniert nur, wenn es an einer Schule einen IT-Freak gibt, der in seiner Freizeit das System am Laufen hält. Der andere Grund ist, dass einigen Lehrern die Funktionen von Whiteboards beispielsweise gar nicht geläufig sind. Es gibt leider keine ordentlichen Fortbildungsangebote. Die Lehrer müssen sich den Umgang mit den Medien selbst aneignen. Die Kultusministerien ziehen sich leider immer weiter aus der Fortbildung zurück. In der Folge müssen die Lehrer sich aktiv um eine Fortbildung kümmern und in ihrer Freizeit absolvieren. Bekanntlich ist auch die Zeit von Lehrkräften begrenzt. Nicht alle setzen ihre Schwerpunkte beim Unterricht mit neuen Medien.

Liegt es nur an den mangelhaften Angeboten oder gibt es auch Lehrer die Sorge haben, dass sie selber weniger wissen als ihre Schüler?

Es ist sicher für einige Lehrkräfte eine ungewohnte Situation, wenn ihre Schülerinnen und Schüler über mehr Medienkompetenz verfügen als sie selbst. Das widerspricht dem hergebrachten Rollenverständnis, wonach die Lehrkraft der Wissende ist und die Schüler die Lernenden sind. Ich sehe aber nicht, dass dies das Hauptmotiv ist, sich nicht mit digitalen Medien zu beschäftigen. Die meisten Lehrkräfte heute haben durchaus ein modernes Rollenverständnis und pflegen einen partnerschaftlichen Unterrichtsstil.

Gehören nach Ihrer Auffassung auch Themen wir Cybermobbing und Soziale Netzwerke in den Unterricht?

Natürlich gehört das in den Unterricht. Die Schule hat den Bildungsauftrag, die Jugendlichen für das Leben in der Welt wie sie ist fit zu machen. Die GEW hat eine Umfrage unter Lehrkräften durchgeführt, ob die Lehrkräfte über das Internet oder Mobiltelefone gemobbt werden. Acht Prozent der Lehrkräfte haben angegeben, dass sie direkt betroffen waren, 30 Prozent kennen betroffene Kolleg/innen und Schüler/innen. Die sehr viel häufigeren Erfahrungen haben in der Tat Schülerinnen und Schüler gemacht. Die Schule ist ein beliebter Ort für Mobbing, insofern muss es hier auch ein Thema sein.

Welche Aufgaben hat hier die Schule und welche die Eltern?

Wir haben das Problem, dass viele Eltern selbst nicht mit dem Internet sozialisiert sind. Auch deshalb gehört das Thema in die Schule. Allerdings fehlt den Schulen für ihre vielen Aufgaben Zeit und Personal. Auch deshalb brauchen wir mehr Ganztagsunterricht, weil wir dann mehr Möglichkeiten als es im Vormittagsunterricht haben. Außerdem müssen die Themen rund um das digitale Lernen in die Lehrerausbildung eingebaut werden, damit die Behandlung in der Schule nicht dem Zufallsprinzip unterliegt. Wichtig ist aber, dass die Schulen so gut ausgestattet sind, dass es Spaß macht und pädagogisch überzeugend ist, wenn digitale Medien genutzt werden.

Immer mehr Schulbuchverlage digitalisieren ihre Inhalte, was sind die Anforderungen der GEW an diesen Digitalisierungsprozess?

Wir brauchen Mitentscheidungsmöglichkeiten der Lehrer, welche Medien in den Schulen zum Einsatz kommen und außerdem bedarf es einer staatlichen Kontrolle, welche Materialien überhaupt für den Schulgebrauch geeignet sind. Es kann zum Beispiel nicht sein, dass ? wie im Falle von Apple und seiner iPad-Initiative nur ein Anbieter genommen werden kann, der dann auch noch diktiert, welche Programme auf seinen Geräten laufen. Außerdem haben die Kultusministerien verschlafen, dass einige Wirtschaftsunternehmen die Schulen teilweise mit einem tendenziösen Mist überschwemmen, dass einem die Haare zu Berge stehen. Was hat zum Beispiel Lehr- und Lernmaterial einer Fast-Food-Kette zum Thema gesunde Ernährung mit schamloser Produktwerbung in einer Schule zu suchen? ?

? und das trotz Werbeverbot in der Schule

Meine Sorge ist, dass dies bei einer digitalen Versorgung der Schulen noch viel stärker der Fall sein wird. Die Kultusministerkonferenz bräuchte eine Expertengruppe, die solche Fragen löst und sich um die Qualität der Medieninhalte und die Absicherung von Vielfalt in der Schule kümmert. Möglicherweise braucht man dafür auch konkretere Gesetze.



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