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Ein fremder und vertrauter Blick auf Südkorea


Von Medienbüro Sohn

Junge Tübinger Wissenschaftlerin erklärt, warum wirtschaftliche Globalisierung nicht mit kultureller Konvergenz einhergehen muss

Bonn/Tübingen - Die Deutschen sehnen sich heute nach den glorreichen fünfziger Jahren zurück. Diese Zeit stand für Prosperität und Vollbeschäftigung. Ganz anders sah es in Südkorea aus. Korea hatte (und hat) bekanntlich ein ähnliches Schicksal wie Deutschland. Das Land ist immer noch geteilt in eine Republik Korea im Süden und eine kommunistische Betondiktatur im Norden.
Thumb Bonn/Tübingen - Die Deutschen sehnen sich heute nach den glorreichen fünfziger Jahren zurück. Diese Zeit stand für Prosperität und Vollbeschäftigung. Ganz anders sah es in Südkorea aus. Korea hatte (und hat) bekanntlich ein ähnliches Schicksal wie Deutschland. Das Land ist immer noch geteilt in eine Republik Korea im Süden und eine kommunistische Betondiktatur im Norden. Noch in den 60er Jahren war Südkorea eines der ärmsten Länder der Welt. Nach 35jähriger japanischer Kolonialherrschaft war vor allem der Norden industriell entwickelt, während der Süden Agrarland blieb. Der Koreakrieg zwischen 1950 und 1953 ließ das Land zerstört zurück. Doch diese Zeiten sind vorbei: Am Bruttosozialprodukt gemessen, liegt die koreanische Wirtschaft heute auf dem zehnten Rang in der Welt. Einige große koreanische Konzerne wie Samsung und Hyundai gehören zu den weltweit führenden Unternehmen. Dennoch ist Südkorea den meisten Deutschen fremd geblieben. Hierzulande kennt man meist nur die Bilder verhungernder Kinder, die in dem großen KZ Nordkorea täglich zum Opfer der Hybris ihres „großen Führers“ werden. Sprachliche und kulturelle Barrieren verhindern, dass sich Westeuropäer und Koreaner – bis auf wenige Ausnahmen – näher kennen lernen. Bei Mi-Yong Lee-Peuker liegt der Fall anders. Sie definiert sich selbst als „deutsche Koreanerin“ oder „koreanische Deutsche“. Die junge Wissenschaftlerin, die zurzeit an der Tübinger Universität über kulturelle Ökonomik forscht, entstammt einer koreanischen Familie. Ihre Erziehung folgte den Grundsätzen ihres Herkunftslandes. Doch von Rechts wegen ist sie Deutsche, hat ihre gesamte Ausbildung in Deutschland absolviert und betrachtet Deutschland als ihre Heimat. In der Einleitung ihrer gelungenen Dissertation, die mit einem Begabtenstipendium der Konrad-Adenauer-Stiftung gefördert wurde, bringt sie ihre Befindlichkeit treffend auf den Punkt: „Von daher unterscheidet sich auch meine Sichtweise auf Korea. Sie ist ambivalent. Wenn ich dort bin, sehe ich das Land und die Menschen zugleich mit einem vertrauten und einem fremden Blick.“ Es ist der Autorin auf überzeugende Art gelungen, einen themenübergreifenden Brückenschlag zwischen Ökonomie, Soziologie und Kulturwissenschaften herzustellen. Für eine Doktorarbeit ist Lee-Peukers Studie sehr gut lesbar. Sie gliedert sich in zwei Teile: Im ersten Teil werden die methodologisch-historischen Grundlagen geklärt. Die Verfasserin orientiert sich an Max Webers Begriff der verstehenden Wissenschaft. Im Anschluss daran beleuchtet sie den Konfuzianismus, konfuzianische Werte und die Religionen in Korea sowie Korea als Teil der Weltwirtschaft. In einem zweiten Teil, der empirisch angelegt ist, werden Gespräche ausgewertet, die Lee-Peuker mit in Südkorea tätigen deutschen und koreanischen Managern geführt hat. Das Buch ist ein Beitrag zur interkulturellen Managementforschung und unternimmt den Versuch, südkoreanische Verhaltensweisen demjenigen verständlich zu machen, der sich mit dem Land theoretisch befasst oder dort Geschäfte machen will. Man versteht das asiatische Land nur, so die These, wenn man den Neokonfuzianismus als bestimmendes Merkmal für die Lebensführung der Koreaner ins Kalkül zieht. Im Unterschied zu den westlichen Gesellschaften basiert die gesellschaftliche Ordnung in Südkorea nicht auf den Rechten und Pflichten des Einzelnen, sondern auf der Familienstruktur. Das Individuum ist nichts, die Familie ist alles, so könnte man diesen Grundsatz übersetzen. Selbst der Ahnenkult spielte auch heute noch eine wichtige Rolle in der dortigen Gesellschaft. Die soziale Funktion der Familie entspricht einem Generationenvertrag im ursprünglichen Sinne. Die koreanischen Wertvorstellungen betonen daher auch nicht die grundsätzliche Gleichheit der Menschen, sondern ihre ursprüngliche Unterschiedenheit im Sinne einer Hierarchie. „Viele Koreaner leben nach (neo-)konfuzianischen Wertvorstellungen und ethischen Normen, aber verstehen unter (Neo-)Konfuzianismus allenfalls sekundär die Umsetzung von bestimmten Grundsätzen einer religiösen oder philosophischen Lehre, wie sie hier typisiert wird. Vielmehr steht der (Neo-)Konfuzianismus im heutigen Korea primär für ein bestimmtes Lebensgefühl und bestimmte Weisen des sozialen Umgangs“, so Lee-Peuker. Diese uns fremden Werte prägen auch Koreas Verhalten als alternde Gesellschaft. Während im Westen die Unterbringung der alten Menschen in Altenheimen und in Pflegestationen der Normalfall ist, leben 83,8 Prozent der Alten in Korea bei den Kindern. Doch bei der Demographie steht das Land vor ähnlichen Herausforderungen wie fast alle westlichen Länder. Die Fertilitätsrate koreanischer Frauen ist von 4,53 Geburten pro Frau im Jahr 1970 auf nur noch 1,17 herabgesunken. Zudem gibt es aufgrund kultureller Prägungen einen Überschuss an Jungen und Männern. Jedes Jahr werden rund 18.000 weibliche Föten abgetrieben. Südkorea hat sich erst in den 80er Jahren stärker für das Ausland geöffnet. In den zurückliegenden 30 Jahren hat sich das Land von einem „Bangladesh“-Status in ein modernes Industrieland verwandelt, das vom Automobilsektor bis zur Informations- und Telekommunikationstechnik international mithalten kann. Dafür zahlte das Land einen Preis, für den der Fluss Han in Seoul ein Symbol ist. Die Menschen wurden nämlich - so wie der Fluss durch Beton – gebändigt und einzig und allein auf den Vorrang der Wirtschaft eingeschworen. Der Wohlstand ist ein Produkt überaus harter Arbeit. Dass wirtschaftliche Globalisierung aber nicht unbedingt mit kultureller Konvergenz einhergeht, dies hat die Autorin auf knapp 400 Seiten in klarer Sprache und methodisch sauber herausgearbeitet. Mi-Yong Lee-Peuker: Wirtschaftliches Handeln in Südkorea. Metropolis-Verlag: Marburg 2004. 392 Seiten, 38 Euro, ISBN 3-89518-490-X


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