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Shakespeare-Festtage in der armenischen Hauptstadt Eriwan


Von KulturForum Europa e.V.

Was können wir noch von Shakespearelernen, wie aktuell lässt er sich aufbereiten? ... Theater und Shakespeare in Yerevan, ein Erlebnis von Menschen, Orten und Emotionen ...
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Recht passend zum 12. Yerevan International Shakespeare Festival legte sich vor heiteren Sonnenschein ein neblig grauer, regnerischer Schleier über die armenische Hauptstadt und ließ einen viel zu früh eintreffenden Winter erahnen. Just eben ging die Nachricht vom plötzlichen Schneefall über die Ticker, gerade recht um einen Augenblick über die unglückseligen Potentaten des Dichters in einem Festival zu seinem 500. Todesstag zu reflektieren.

Shakespeare und viele andere Klassiker wurden jetzt in der Erdogan diktierten Türkei verboten. Die Erinnerung an ein düsteres Zeitalter in Deutschland, in dem Bücher verbrannt und alle Kunst zensiert waren, erwacht aufs Neue. Unfreiheit der Meinung in Russland und im europäischen Ungarn, die anstehenden Wahlen in den Vereinigten Staaten von Amerika lassen ein Horrorszenario am Welthimmel in tiefstem Schwarz aufkommen. Hatte Shakespeare nicht all das schon einmal in seinen Herrscher-Tragödien niedergeschrieben, tausendfach kopiert und wieder und wieder neu interpretiert einem Weltpublikum vor Augen geführt?

Was können wir noch von Shakespeare lernen, wie aktuell lässt er sich aufbereiten? Zum Abschluss des Gedenkjahres resümierten Festivaldirektor Karo Balyan und Regisseur Hakob Ghzanchayn als künstlerischer Leiter in großer Breite acht Oktobertage lang über das Phänomen Shakespeare.

Der georgische Altmeister der Regie, Robert Sturua, wartete mit der Interpretation von JULIUS CÄSAR auf, der aktuellen Version eines erfolgreichen Potentaten, der einem demokratischen System entgegen steht und unausweichlich fallen muss. (Shota Rustaveli State Drama Theatre, Tiflis). "Macbeth", ein Monodrama von Petr Cizmar, "Divadlo Kontra" aus der Slowakei, ließ den Krieger auf dem Müllhaufen unserer Zeit darüber nachdenken, ob er wirklich ein Mörder war oder alles nur Reflektionen in seiner Imagination.
Bei WAS IHR WOLLT durfte man aufatmen. Eine temporeiche Komödie des Eriwan Ghaplanyan Theaters verführte das Publikum mit seiner Preis nominierten Inszenierung.
Xodikyans "Yago and Tractate about the Handkerchief" aus dem russischen Ulyanovsk, ein Drei-Personen-Stück, analysierte aufs Neue, was vor Jahrhunderten in Zypern geschehen sein könnte. Satire und Drama wechseln in rascher Folge. Yagos Selbstreflexion verrät, dass es doch besser sein könnte, aus Liebe zu sterben, als intrigant zu leben wie vorherbestimmt, mit überraschendem Ende. Aus Kiew steuerte das Wolodimir Zavalnyuk "Peretvorennya" Theater einen HAMLET bei: Die ewigen Fragen in zeitgenössischer Sprache ausgezeichnet interpretiert von vier Darstellern.
Der Tragödien großes Finale kam in diesem Jahr aus dem russischen St. Petersburg. "Masterskaya" Theater gab HAMLET, ES WAR EINMAL IN ELSINORE, in einer Szenerie der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts eine sehr bürgerliche Familie, ein großer Clan durch Kriminalität miteinander verflochten. Unter den tragischen Figuren dieser Rock'n'Roll-Tragifarce erschienen Shakespeare höchstpersönlich und der Übersetzer der Tragödie Boris Pasternak als Visionen des verrückten Prinzen. Und dazu rockte der ewige Konflikt zwischen Vätern und Söhnen die Bühne.

Die tragikomische Shakespeare Seite verkörperte Harutyun Galfayan als CLOWN von Karine Xodikyan. Regisseu Hakob Ghazanchyan inszenierte PROSPERO, Theaterkultur verschiedener Nationen (Algerien, Armenien, Brasilien, Mogolei, Nigeria und Rumänien) auf einer Bühne. Die sehr jungen Darsteller, Profis in den Heimatländern, waren angeleitet, nach der "Stanislavski Methode körperlicher Aktion" zu arbeiten und überzeugten ihr Publikum zu den Themen Welt weiter Migration, Flüchtlinge und deren Sicht auf die EU. Aus Rumänien war dazu Prof. Dr. Alexandru Boureanu, Chef des Nationaltheaters Craiova und Leiter des bekannten Shakespeare Festivals angereist.

Eines der Highlights bot Zara Antonyan mit Studenten ihrer Abschlussklasse der Theateruniversität: die rasante Collage THE BEST OF SHAKESPEARE. Die großen Dramen wurden hierbei auseinandergerissen, auf Wesentliches konzentriert für den Moment wieder neu gestaltet und der gesprochene Text dabei in einer komplexen und körperlich anspruchsvollen Landschaft von Mise-en-Scène verflochten. Dies schaffte die physiologischen Impulse und endlosen Assoziationen, um den Besucher mit auf die Reise von Traum, Realität, offenen Fragen und Dialogen zu nehmen. Dabei waren die unsterblichen Zeilen Shakespeares zweifelsohne der "Jungbrunnen" für die Bühnenkreationen, die ungeheuren physischen Leistungen, die stets hinterfragten, was es heute bedeutet, ein menschliches Wesen zu sein. "Fragen und Antworten auf der Bühne vom Sein oder nicht Sein transferiert in den Zuschauerraum, verrauschen in den Stürmen der Zeit wie lebendiges Leben, das sich ständig ändert, weggefegt wird. So bleibt der Mensch in seinem Kampf gegen die Zeit ohnmächtig. Alles, was er tun kann, ist nach etwas Zeitlosem zu suchen, um dadurch Schöpfer einer eigenen Unsterblichkeit zu sein, über Sein oder Nicht-Sein selber zu entscheiden." (Zara Antonyan)
Dem gleich kam die Inszenierung "SHAKESpeare it" von Vahan Badalyan. In einer Choreografie von Toma Aydinyan präsentierte das Team des Kleinen Theaters Yerevan zusammen mit körperlich behinderten Darstellern eine polyphone Reise über vier Stücke des großen Meisters und zeigten die Parallelen zwischen Hauptfiguren, Situationen und Szenen auf. Die Kombination verschiedener Stücke zusammen in einem Werk verstärkt durch die intensive Farbpalette der menschlichen Natur, die in jedem einzeln sichtbar ist. In SHAKESpeare wurde Inklusion nicht thematisiert, sondern erfolgreich produziert. Es ist zu hoffen, dass diese Arbeit in anderen Ländern und auf unterschiedlichen Festivals zu sehen sein wird.

Der "King of Monodrama", der Engländer Pip Utton, hatte eigens für dieses Festival ein neues Stück geschrieben. In KING OF TRAGEDY erweckte er für 50 Minuten Leben und Leiden des großen englischen Bühnendarstellers Edmund Kean, der mit Shylock, Richard III., Hamlet Othello, King Lear und Macbeth die Zuschauer im 19. Jahrhundert hin- und hergerissen hatte; das Publikum, von dem er geliebt werden und mit dessen Schicht er eins sein wollte. Er verlor diesen ständigen Kampf um Anerkennung und ertrank in Alkohol. In diesem zutiefst beeindruckenden Melodram eroberte der Star Pip Utton auch die Armenier, wie er es rund um den Globus als Hitler, Churchill, Margaret Thatcher und die Päpste seit Jahren immer wieder schafft. Mit KING OF TRAGEDY hinterfragt er das Spektakel des Theaters, dessen Hybris und die der Zuschauer und entlarvt so den gesamten Theaterzirkus. (Sein Workshop und der von Emre Erdem waren zudem die Renner des Festivals.) Versöhnlich erklangen Sonette bei "Shakespeare A Capella" des polnischen Jazzsängers Stanislaw Soyka. Mit den Cracow Singers gelang ihm eine neue 16stimmige Interpretation in modernem Englisch, Choralarrangements von Chorleiter Karol Kusz und Solo für Jazzstimme, ein musikalisch ästhetischer Genuss.

Theater und Shakespeare in Yerevan, ein Erlebnis von Menschen, Orten und Emotionen. "Die armenische Hauptstadt hat seit dem Ende der Sowjetzeit einen großen Sprung nach vorn gemacht. Statt Tristesse herrscht Aufbruchsstimmung. Ein paar schüchterne Plastikstühle und -tische standen Ende der 90er-Jahre auf den Grünflächen nahe der Eriwaner Oper .. Heute ist der Ort, besonders in den warmen Monaten, bis in die Nacht ein einziger Tummelplatz. Seit etwa fünf Jahren ist ein Boom ausgebrochen in Armeniens Metropole. Eriwan, die traurige, die dunkle, die geheimnisvolle Stadt am Fuß des ewig mit Schnee bedeckten Ararat, hat sich gehäutet. Ein Café neben dem anderen, dem internationalen Stil komfortabler Korbmöbel verpflichtet, und überall elegant ihre Tabletts zwischen den Tischen balancierende Kellner. Früher sah man hin und wieder ein vergilbtes Bild von Charles Aznavour - dem berühmtesten aller Armenier - irgendwo verloren im Fenster hängen. Es sollte den Traum von westlicher Lebensart verkörpern. Heute ist es realer levantinischer Geschäftssinn, der französische Lebensart ins wirkliche Leben transportiert hat. …" (Rolf Hosfeld, WeltN24)

Berechtigter Weise setzt Armenien auch mit Theater auf den Wirtschaftsfaktor Kulturtourismus. Die Verantwortlichen haben begriffen und reagiert. Shakespeare 2017 in Eriwan ist sicher eine Vormerkung im Jahreskalender wert. (www.shakefest.am)







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