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Gewerkschaften fordern härtere Gesetze gegen Heuschrecken


Von Medienbüro Sohn

Hohe Renditeziele der Finanzinvestoren mit traditionellen Managementmethoden nicht zu erreichen

Thumb Berlin - Zwei Jahre nach der Heuschrecken-Rede des SPD-Politikers Franz Müntefering haben die Gewerkschaften härtere Gesetze gegen Finanzinvestoren gefordert. Nötig seien eine Besteuerung von Veräußerungsgewinnen, eine Börsenumsatzsteuer, eine Zinsbesteuerung und eine Mindesteigenkapitalquote bei kreditfinanzierten Unternehmensübernahmen. „All dies kann auch national umgesetzt werden. Jetzt ist die Politik am Zug", forderte DGB-Vorstand Claus Matecki gegenüber dem Tagesspiegel. Es sei zwar eine wichtige „gesellschaftspolitische Diskussion", die der heutige Vizekanzler angestoßen habe. Doch der Lackmustest für die Ernsthaftigkeit des Vorstoßes stehe noch aus. „Der weiße Fleck der Debatte liegt in der politischen Verantwortlichkeit. Die Heuschrecken halten sich an die Gesetze. Sie nutzen Spielräume, die durch die schwarz-gelbe und rot-grüne Finanzmarktpflege erst entstanden sind", sagte Matecki. Am Beispiel des Grüne Punkt-Müllsystems DSD hat sich der ARD-Fernsehbeitrag „Müll-Geschäfte - Der Milliarden-Poker mit Grünem Punkt und Gelbem Sack mit den Praktiken des amerikanischen Finanzinvestors KKR beschäftigt. „Der Verkauf wird von Dr. Erich Greipl eingefädelt. Er ist der Aufsichtratschef des Dualen Systems und damit der mächtige Mann im Hintergrund. Gleichzeitig ist er Geschäftsführer der Metro Vermögensverwaltung. Greipl weiß, dass die Kassen des Dualen Systems gefüllt sind. Gemeinsam mit dem Ex-Tengelmann-Manager Peter Zühlsdorff, der kurze Zeit später selbst DSD-Chef wird, präsentiert er einen Käufer. Es ist der Private–Equity-Fonds KKR. Eine der Firmen, die Franz Müntefering ‚Heuschrecken’ genannt hat, und die darin geübt ist, Unternehmen auszuplündern“, berichtet die ARD-Reportage. KKR übernehme das vor allem vom Verbraucher finanzierte „System der gelben Säcke“, mit einem bei solchen Unternehmen bekannten profitablen Stufenplan: „Die erste Stufe: Der Kaufpreis des DSD beträgt 260 Millionen Euro. Der wird weitgehend über Fremdkapital finanziert. Dazu gründen die Käufer eine neue Gesellschaft, in diesem Fall die Deutsche Umwelt Investment. Sie kauft das DSD und nimmt dazu 160 Millionen Euro auf. Dann werden beide Gesellschaften miteinander verschmolzen. Die Darlehensschulden liegen jetzt beim DSD. KKR zahlt also in Wirklichkeit nur 100 Millionen. In einer zweiten Stufe wird das freie Vermögen, z.B. die liquiden Mittel, bis zur Grenze des rechtlich Zulässigen, an die neuen Gesellschafter ausgezahlt. Beteiligt werden an solchen Gewinnen in der Regel auch die, die das Geschäft eingefädelt haben. Dazu würde auch der DSD-Aufsichtsrats-Chef Erich Greipl zählen. In einer dritten Stufe wird - in der Regel - das ausgeplünderte Unternehmen an die Börse gebracht oder profitabel weiterverkauft. Um Profit scheint es bei den Gelben Säcken und Tonnen überhaupt nur zu gehen“, so die ARD-Sendung. Das Drehbuch dieser Heuschrecken-Attacken bestätigt der Rechtswissenschaftler Uwe H. Schneider in einem Interview mit dem Spiegel: Private Equity-Firmen „investieren nicht, sondern finanzieren den Kaufpreis in erster Linie mit Fremdkapital, das von der erworbenen Gesellschaft zurückbezahlt werden muss. Und dann wird das Eigenkapital abgeräumt. Viele dieser angeblichen Investoren sind in Wahrheit Eigenkapitalräuber“, moniert Schneider. Das Geschäftsmodell bestehe aus drei Stufen. „Zunächst gründen die Käufer eine neue Gesellschaft. Nennen wir sie Newco. Das ist Stufe eins. Die Newco nimmt ein Darlehen auf und erwirbt damit das Unternehmen. Anschließend werden beide Gesellschaften miteinander verschmolzen. Die Darlehensschulden liegen nun beim aufgekauften Unternehmen“, erklärt Schneider. Das Unternehmen werde in eine GmbH umgewandelt, wie es beim Grünen Punkt beispielsweise der Fall war. „Das freie Vermögen wird dann bis zur Grenze des rechtlich Zulässigen an die neuen Gesellschafter ausgezahlt“, so Schneider. Der Ausstieg folge dann in der dritten Stufe. Aber das spiele nach Ansicht von Schneider nicht mehr die entscheidende Rolle, wenn sich die Private-Equity-Gesellschaft vorher schon bedient habe. „Die Unternehmen werden nach einiger Zeit an einen weiteren Finanzinvestor weitergereicht, der sie weiter auspresst. Neudeutsch heißt das ‚secondary buyout’. Manche werden an die Börse gebracht. Dann haben die neuen Aktionäre das Problem. Und gelegentlich bleibt nur noch das Insolvenzverfahren“, so Schneider. Die Private-Equity-Gesellschaften redeten gern von Restrukturierung, Umbau und Rekapitalisierung. In Wahrheit schwäche man die übernommenen Unternehmen und beraube sie ihrer Zukunftschancen. „Die Fonds versprechen ihren Anlegern Erträge von 25, 30 oder gar 40 Prozent. Die lassen sich nicht aus dem traditionellen Geschäft erwirtschaften“, sagt Schneider. Nach Ansicht von Verdi-Chef Frank Bsirske sind die hohen Renditeziele nicht mit traditionellen Managementmethoden zu erzielen. „Das geht nur mit drastischer Kostensenkung zu Lasten der Substanz von Betrieben, etwa durch massiven Stellenabbau, Lohnkürzung oder den Einsatz billiger Leiharbeiter. Deshalb brauchen wir Regeln und Transparenz, um Unternehmen vor räuberischer Übernahme und Ausschlachtung zu schützen." Selbst bei Finanzexperten stößt das undurchsichtige Geschäftsgebaren der zumeist angelsächsischen Finanzinvestoren auf Kritik. So plädiert der ehemalige Deutsche-Börse-Chef Werner Seifert für härtere gesetzliche Regeln: Der Markt nähre schwarze Schafe, die gerne von Steuerparadiesen in der Karibik aus operieren. Finanzinvestoren müssten beispielsweise auf den Cayman Islands für eine Registrierung weniger Formulare ausfüllen als bei der Führerscheinprüfung in Deutschland. Investoren wie Carl Icahn oder Private-Equity-Spezialisten wie Kohlberg Kravis Roberts würden sich auf Übernahmekandidaten mit gesundem Cash Flow konzentrieren. Den Kauf selbst finanzierten sie durch Kredite. Mit den Mitteln aus dem Cash Flow tilgten die Raider ihre Schulden. Selbst in Amerika geht man mittlerweile kritischer mit den Finanzinvestoren um: Vier Fünftel aller US-Bundesstaaten haben gesetzliche Hebel oder sogenannte „Gift-Pillen“ installiert, um die Aktionen der Firmenjäger zu begrenzen. „Die Manager dort müssen also nicht mehr bei jedem Klopfen an der Tür zusammenzucken und befürchten, dass KKR davor steht“, weiß Seifert. Institutionelle Investoren und Hedge Fonds schlüpften in Deutschland in die Rolle, die ehedem den Großaktionären vorbehalten war. „Sie tun so, als wären sie langfristig denkende Mehrheitseigentümer, aber in den meisten Fällen verschwinden sie genauso schnell wieder, wie sie gekommen sind – allerdings erst, nachdem sie das Management ausgetauscht und umfangreiche Ausschüttungen an die Aktionäre, also sich selbst, durchgesetzt haben“, so Seifert. Für alle Akteure auf den Kapitalmärkten der OECD sollten Offenlegungspflichten gelten. "Es darf nicht sein, dass Fonds, die auf den Cayman-Inseln registriert sind und so gut wie keine Informationen über ihre Eigentümer oder ihre Geschäftspraktiken herausrücken, zentralen Einfluss darauf nehmen können, wie große und größte Unternehmungen in Deutschland und in anderen Industriestaaten geführt werden", kritisiert Seifert. Das Mindeste, was man von diesen Anteileignern verlangen müsse, sei die Offenlegung ihrer Beteiligungen.

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