PortalDerWirtschaft.de



Suchmaschinenoptimierung mit PdW
mit Content-Marketing - Ihre News
English

«Ever Given» - Viele kleine (Online-) Händler lernen nun Risiko-Management auf die harte Tour!


Von GSL Consulting GmbH

Sie haben Waren auf der „Ever Given“, die den Suez-Kanal blockierte, transportieren lassen?
Dann werden Sie nun die Tücken des Seefrachtrechts kennenlernen.

 

Zum einen werden Sie sich fragen, wann Ihre Ware endlich ankommen wird. Das kann dauern, denn die Suezkanal-Behörde hat das Schiff erst einmal im Grossen Bittersee zwischen dem nördlichen und dem südlichen Teil des Suez-Kanals „an die Leine gelegt“. Grund: sie macht erhebliche Forderungen von über 600 Millionen US-Dollar geltend und sichert sich deren Zahlung durch ein Pfandrecht an Schiff und Ladung. Dauer: ungewiss. Es werden komplexe Fragestellungen zu klären sein. Alleine die Ermittlung des Schadens wird zu Kontroversen führen. Zudem haben es die letztlich zu klärenden komplexen Rechtsfragen, ggf. unter Berücksichtigung internationaler Regelwerke wie dem Haftungsbeschränkungsübereinkommen von 1996, „in sich“. Das kann dauern … Wann also Ihre Waren letztlich ankommen, steht derzeit in den Sternen. Welche vertraglichen Ansprüche Ihre Kunden deswegen gegen Sie geltend machen werden, ist eine Frage Ihres konkreten Vertrags.

 

Thumb

Aber das wird eher Ihre kleinere Sorge sein, denn Sie werden inzwischen Post einer englischen Anwaltskanzlei erhalten haben, in der Sie darüber informiert werden, dass Sie ebenfalls für sämtliche Schäden mithaften und eine Sicherheit zu leisten haben. An dieser Stelle werden viele Händler aus allen Wolken fallen: es wird dann die Frage gestellt: „Was kann ich denn dafür? Ich habe den Mist doch nicht gebaut! Und trotzdem soll ich zahlen??? Spinnen die???“ Nein – die spinnen leider nicht! Im Seerecht gilt der Grundsatz der „Grossen Havarei“, auch bekannt als „Havarie Grosse“ oder „General Average“. Und das schon seit der Antike, wo sich im Recht von Rhodos entsprechende Regelungen finden. Hintergrund ist, dass die Seeschifffahrt eine gefährliche Sache war – und es auch heute noch ist. Stürme, Untiefen, Monsterwellen, Feuer an Bord, Maschinenschäden … es kann viel passieren. Deswegen sagt man, dass Massnahmen, die dazu dienen, das Schiff zu retten, allen zugute kommen, auch denen, deren Waren dadurch gerettet werden. Aus diesem Grunde behandelt man den Schiffseigner und die Kunden, die Waren an Bord transportieren lassen, als eine Haftungsgemeinschaft, für deren einzelne Mitglieder Haftungsquoten gebildet werden. Dies ist vielfach in den staatlichen Gesetzen geregelt, in der Schweiz beispielsweise in Art. 122 des Seeschifffahrtsgesetzes (SSG), Art. 63 Seeschifffahrtsverordnung. Zudem finden sich in praktisch allen Frachtverträgen dazu Bestimmungen, die, wie das SSG, auf die York-Antwerp-Rules Bezug nehmen, welche selbst keine Gesetzesnormen darstellen, sondern eine Musterregelung sind, die das Comité Maritime International, eine zur Vereinheitlichung des Seehandelsrechts 1897 in Antwerpen gegründete Nichtregierungsorganisation, entworfen hat und die Geltung erlangen, indem Gesetze oder Verträge sie für anwendbar erklären. Es können also erhebliche Haftungsrisiken allein schon deswegen auf Sie zukommen, weil Sie Waren oder Güter an Bord der Ever Given haben transportieren lassen, die umso höher sind, umso wertvoller das transportierte Gut ist. Konkret wird der Schiffseigner (bzw. dessen Versicherung) einen Dispacheur, auch als Havariekommissar bekannt, einschalten. Auch die Behörden an dem Ort, wo die Dispache aufgemacht wird, können ggf. den Dispacheur bestimmen. Massgeblich ist das jeweilige nationale Recht. Der Dispacheur ist ein staatlich geprüfter und anerkannter Sachverständiger, der den Wert des Schiffes und der jeweils verfrachteten Güter sowie die jeweiligen Haftungsquoten bestimmt. Inwieweit die jeweils betroffenen Personenkreise gegen die Bestimmung des Dispacheurs Rechtsmittelmöglichkeiten haben, ist dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu entnehmen. In der Schweiz finden sich entsprechende Regelungen in den Art. 63a ff. der Seeschifffahrtsverordnung. In der Regel erfolgt eine Überprüfung der Dispache (= Kostenaufstellung) durch ein Gericht.

 Die entsprechenden Vertragsklauseln bestimmen hierfür sehr häufig englische Gerichte. Gerade in einem so komplexen Schadensfall wie der Ever Given dürfte für das Dipache-Verfahren eine mehrjährige Dauer veranschlagt werden.

Sofern Sie keine Transportversicherung abgeschlossen haben, kann es also sein, dass Sie auf erheblichen Schadensposten bis hin zum gesamten Wert Ihrer transportierten Güter selbst sitzen bleiben. Bei Seefracht-Verträgen sollten Sie auch stets prüfen, ob die Gefahr der Havarie Grosse mitversichert ist und sich kein entsprechender Ausschluss in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen Ihrer Versicherung findet. Leider verzichten gerade viele kleinere Online-Händler, bei denen nur geringe Gewinnmargen bestehen, aus Kostengründen auf solche Versicherungen. Sofern dann viele ihrer Lieferungen auf der Ever Given transportiert wurden, kann das das Aus für ihr Geschäft bedeuten.

Haben Sie einen Spediteur beauftragt, sind Sie ebenfalls nicht „aus dem Schneider“: oftmals regeln Spediteure in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen einen Befreiungsanspruch in Bezug auf Havariekosten, s. etwa Ziffer 17.3 ADSp 2017. Reedereiagenten, die auf der Basis der AB Spedlogswiss Reedereiagenten (2005) arbeiten, vermitteln nur den Vertragsschluss, so dass Sie Vertragspartner des Frachtführers sind und direkt von der Haftung betroffen werden. Ohne ausdrücklichen Auftrag ihres Auftraggebers schliessen in der Regel weder Spediteure noch Reedereiagenten eine Transportversicherung ab, sondern weisen den Kunden nur auf diese Möglichkeit hin und vermitteln oftmals Versicherungsverträge. Falls nicht auf eine Versicherung hingewiesen worden sein sollte, wäre im Einzelfall möglicherweise denkbar, Schadenersatzansprüche wegen Verletzung vertraglicher Hinweispflichten gegen den Spediteur oder Reedereiagenten geltend zu machen.

Praxishinweise:

·         Verzichten Sie bei Seetransporten NIEMALS auf eine Transportversicherung, die das Risiko der Havarie grosse einschliesst. Der Versicherer zeichnet dann auch eine Average Guarantee im Rahmen des Versicherungsumfangs, also eine Sicherheitsleistung, die es Ihnen erlaubt, Ihre Waren ausgeliefert zu erhalten.

·         Bedenken Sie dabei auch das Risiko, dass Sie infolge der Havarie grosse Ihren Kunden gegenüber nicht lieferfähig sein könnten, da die Ware wegen Ausübung von Pfandrechten „festliegt“.

·         Ein kompetentes Risikomanagement ist unerlässlich, da Ihnen sonst sehr schnell existenzbedrohende Schäden entstehen können. Die GSL Consulting GmbH berät Sie in diesem Bereich sachverständig.

 Ass. iur. Thorsten Vogl

Associate



Kommentare

Bewerten Sie diesen Artikel
Bewertung dieser Pressemitteilung 5 Bewertung dieser Pressemitteilung 1 Bewertung bisher (Durchschnitt: 4)
Hinweis Für den Inhalt der Pressemitteilung ist der Einsteller, Beat Schlumpf (Tel.: 41 41 500 68 85), verantwortlich.

Pressemitteilungstext: 748 Wörter, 5933 Zeichen. Artikel reklamieren
Diese Pressemitteilung wurde erstellt, um bei Google besser gefunden zu werden.

Tragen Sie jetzt Ihre kostenlose Pressemitteilung ein!