Extreme Hitzeperioden, veränderte Niederschlagsmuster und immer häufigere Starkwetterereignisse prägen bereits jetzt die deutsche Klimarealität. Auf den ersten Blick wirkt die Diskussion darüber naturwissenschaftlich, doch gerade für den industriell geprägten Wirtschaftsstandort zeigt sich ein tiefgreifender Strukturwandel. Energieversorgung, Produktionslogistik, Fachkräfteattraktivität, regionale Wertschöpfungsketten und internationale Wettbewerbsfähigkeit verschieben sich gleichzeitig. In dieser Lage kristallisiert sich der Klimawandel als größter externer Treiber für unternehmerische Entscheidungen seit der Wiedervereinigung heraus. Die nächsten Jahre verlangen deshalb Innovationskraft, regulatorische Klarheit und finanzielle Durchhaltekraft. Klimapolitische Vorgaben greifen immer tiefer in die Mikroökonomien deutscher Mittelständler ein, gleichzeitig entdecken globale Investoren Deutschland als Versuchslabor für grüne Technologien.
Der deutsche Energiepfad gleicht einem Schachspiel mit begrenzter Zeit. Fossile Kapazitäten geraten durch CO2-Bepreisung und geopolitische Verfügbarkeitsrisiken unter Druck, während fluktuierende erneuerbare Erzeugung das Stromsystem dekarbonisiert. Gleichzeitig verschiebt die Elektrifizierung ganzer Sektoren die Nachfragekurve steil nach oben. Der Industriestandort ordnet also nicht lediglich seinen Energiemix neu, vielmehr stellt er Wertschöpfungsprozesse auf völlig andere thermodynamische Parameter ein. Die Bundesnetzagentur prognostiziert einen Strombedarf von über 950 TWh im Jahr 2030, was gegenüber heutigen Niveaus einen Zuwachs von fast einem Drittel markiert.
Neue Hochspannungs-Gleichstrom-Trassen, zellulare Smart Grids und bidirektionale Ladeinfrastruktur für Nutzfahrzeugflotten entstehen parallel. Deren Komplexität führt dazu, dass Energiefragen nicht mehr am Rand von Investitionsplanungen abgehandelt werden. Sie rücken in den Mittelpunkt jeder Standortentscheidung, weil Versorgungssicherheit auf Netzebene, Stromgestehungskosten und Scope-3-Emissionen mittlerweile in Kreislaufsystemen miteinander verschmelzen. Klimawandel transformiert damit die Risikoprofile selbst mittelgroßer Betriebe: Hitzesommer gefährden Kühlprozesse, Niedrigwasser begrenzt Binnenschifffahrt, Sturmfluten bedrohen Küstenterminals. Eine resiliente Energieinfrastruktur bildet den einzigen tragfähigen Schutzwall gegen diese Kettenreaktionen.
Eine der eindrucksvollsten Neuerungen der vergangenen drei Jahre stammt aus dem niedersächsischen Stade: Hier errichtete 2023 ein Konsortium um das Start-up Hydrogenious LOHC Technologies den europaweit ersten Großspeicher für Wasserstoff, der flüssiges organisches Trägermaterial auf Ammoniakbasis nutzt. Diese Anlage verflüssigt erneuerbar produzierten Wasserstoff chemisch in Ammoniakmolekülen, transportiert das Gemisch in konventionellen Tankschiffen und reextrahiert den Gaszustand erst am Zielort. Das Verfahren erhöht die Energiedichte gegenüber kryogener Verflüssigung um rund 25 Prozent und senkt Verdampfungsverluste fast vollständig. Für den Wirtschaftsstandort bedeutet das: Importabhängigkeit wird nicht einfach verlagert, weil Energie aus sonnenreichen Weltregionen mit bestehenden Hafenstrukturen verknüpft wird.
Der Speicher markiert mehr als eine technologische Fußnote. Er liefert ein Musterbeispiel dafür, wie sich Infrastruktur in Richtung modularer, klimaneutraler Wertschöpfungsketten verschiebt. Planer industrieller Cluster erhalten plötzlich die Aussicht, Prozesswärme abseits von Pipeline-Netzen zu gestalten. Maritime Zulieferer diversifizieren ihre Flotten in Richtung Ammoniaktanker. Banken entwickeln neue Risikoindikatoren, weil externe Effekte physischer Klimarisiken nun mit der Volatilität junger Wasserstoffmärkte interagieren. Das Innovationsfenster 2023 bis heute zeigt an dieser Stelle, dass Klimawandel als Beschleuniger für Dekarbonisierung wirkt und zugleich als Kristallisationskern neuer Exportmodelle "Made in Germany" fungiert.
Politische Ökonomie beschreibt eine Situation, in der Klimawandel sowohl Regelgeber als auch Marktakteur ersetzt. Mit der Novelle des Klimaschutzgesetzes von 2021 definiert Deutschland verbindliche Emissionsbudgets für jeden Sektor. Das Bundesverfassungsgericht zementiert diese Vorgaben 2021 mit dem Verweis auf künftige Generationengerechtigkeit. Seitdem prescht die Gesetzgebung voran: Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, nationales Emissionshandelssystem, Carbon-Leakage-Verordnung. Kostenstruktur und Standortentscheidungen verändern sich nicht in linearen Korridoren; sie springen zwischen regulatorischen Stufen. Strategische Planung gleicht seither einem multiplen Target-Moving-Prozess.
Die absolute Umlenkung finanzieller Ströme spiegelt sich im Green-Bond-Markt. Deutsche Emittenten legten 2023 nachhaltige Anleihen im Wert von über 110 Milliarden Euro auf. Auf Unternehmensebene verschieben sich Kapitalrenditeerwartungen hin zu "Total Cost of Ownership" über 20 Jahre. Abschreibungszyklen für fossile Anlagen verkürzen sich, während regenerative Assets Ausnahmekonditionen erhalten. Klimawandel formatiert Bilanzierungslogiken um, indem er Umweltexternalitäten in harte Kalkulationsposten transformiert. Wer Vorprodukte aus Regionen mit niedrigem Klimarisiko bezieht, reduziert Kreditaufschläge um Basis-Punkte; Ratingagenturen berücksichtigen physische Risikokarten.
- Dekarbonisierung der Grundstoffindustrien
- Ausbau digitalisierter Stromnetze und Speicher
- Standortwahl entlang physischer Klimarisikokarten
- Fachkräftequalifikation für grüne Technologien
- Finanzierungsmodelle mit Nachhaltigkeitskriterien
- Resiliente Lieferketten durch Diversifizierung
- Innovationskooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft
Diese sieben Vektoren strukturieren die Zukunft des Wirtschaftsstandorts und definieren zugleich den Handlungsrahmen von Kommunen, Verbänden und Konzernen. Jede einzelne Maßnahme wirkt erst dann voll, wenn sie mit den übrigen Zahnrädern in gegenseitige Verstärkung tritt. Klimawandel agiert als systemischer Stresstest: Er deckt blinde Flecken auf, treibt Technikkosten herunter und erzeugt ungeahnte Lernkurvenvorteile.
Die Transformation schlägt sich besonders scharf in den Beschaffungsetagen mittelständischer Produktionsbetriebe nieder. Wo früher ausschließlich Kilowattstundenpreise entschieden, rücken Herkunftsnachweise, Lastmanagement und PPA-Strukturen in den Vordergrund. Spezifische Angebote wie Ökostrom für das Gewerbe illustrieren die neue Prioritätenordnung. Unternehmen senken mit echten Grünstromverträgen nicht allein ihren CO2-Footprint, sie sichern zugleich Preisstabilität durch langfristige Lieferverträge ab, die an Windpark- und Photovoltaik-Portfolios gekoppelt werden. In der Folge bewegen sich Stromkosten stärker entlang meteorologischer Prognosen, wodurch Wetter- und Klimadaten zu Kernelementen betrieblicher Controlling-Abteilungen avancieren.
Einkaufsabteilungen agieren inzwischen ähnlich wie Rohstoffhändler: Sie analysieren Niederschlagsindizes im Norden, antizipieren Sonneneinstrahlung in Süddeutschland und berücksichtigen Offshore-Windberuhigungsphasen in der Nordsee. Softwaregestützte Prognosesysteme kalkulieren saisonale Produktionspläne in enger Korrelation mit Grünstromprofilen. Damit wandert Verantwortung weg von isolierten Energiemanagern hin zu crossfunktionalen Teams, die Klimakompetenz, Datenwissenschaft und Supply-Chain-Steuerung verschmelzen. Der Klimawandel verleiht somit Strombeschaffung eine strategische Tiefe, die früher Großchemiekonzernen vorbehalten war.
Deutschlands Wirtschaftsleistung entsteht zu fast 75 Prozent im Dienstleistungssektor, doch Industriearbeitsplätze definieren immer noch die Exportstärke. Klimawandel verschiebt Qualifikationsprofile in beiden Sphären. Wärmepumpenmonteure, Wasserstoffchemiker, Batteriesystemingenieure und Wiederaufforstungs-Spezialisten erleben eine Wachstumsdynamik, während klassische Verbrennungsmotortechnik graduell abnimmt. Gewerkschaften, Industrieverbände und Bildungsministerien richten Curricula neu aus, um sogenannte "Green Skills" systematisch in duale Ausbildungswege zu integrieren. Gleichzeitig verändert die Physik des Klimawandels selbst die Arbeitsbedingungen: Mehr Hitzetage führen zu veränderten Schichtmodellen, verlängerte Pollenperioden erfordern arbeitsmedizinische Anpassungen, Küstenbetriebe definieren Evakuierungsprotokolle für Sturmfluthöhe 4,5 Meter.
Diese Entwicklungen implizieren neue sozialpolitische Fragen. Tarifverträge fügen Klimarisikozuschläge ein, Unfallversicherer kalkulieren Hitze-Indizes in Prämientafeln, Kommunen investieren in schattenspendende Infrastruktur rund um Industriegebiete. Dabei verschiebt sich das ökonomische Leitbild vom reinen Effizienzparadigma hin zu einem Resilienzgedanken. Die Produktivität eines Standorts bemisst sich künftig daran, wie reibungslos er extreme Wetterschwankungen absorbiert, ohne Personalfluktuation oder Qualitätsverluste zu erzeugen. Die soziale Dimension des Klimawandels wird damit zu einem versteckten Standortfaktor, dessen Wert über eine stabile und motivierte Belegschaft zurückfließt.
Deutschland agiert in einem Weltmarkt, dessen Handelsrouten bereits klimatisch neu vermessen werden. Dürreperioden am Panamakanal verzögern Schiffsverkehr, arktische Schmelze eröffnet jedoch potenziell kürzere Nordostpassagen. Unternehmen, die bisher just-in-time produzierten, errichten Zwischenlager oder verlagern Teilfertigungen in Klimaräume mit geringerer Extremwetterfrequenz. Zeitgleich entsteht diplomatischer Druck: Die Europäische Union führte 2023 den Carbon Border Adjustment Mechanism ein, der Importpreise um einen CO2-Zoll ergänzt. Produzenten realisieren, dass CO2-Intensität zu einer handelspolitischen Größe mutiert, die ähnlich wie Zölle, Subventionen oder Sanktionen Standortentscheidungen beeinflusst.
Zugleich rückt Klimagerechtigkeit in den Fokus internationaler Verhandlungen. Staaten des globalen Südens verlangen Technologie-Transfer und Anpassungsfinanzierung, damit ihre Exportketten klimafest bleiben. Multinationale Konzerne komplementieren Offsetting-Strategien durch "Insetting", investieren also direkt in Aufforstungs- oder Solarkraftprojekte innerhalb eigener Lieferketten. Deutsche Standorte profitieren, wenn Lieferanten dank erneuerbarer Stromerzeugung stabile Produktionsbedingungen erreichen und dadurch Reputations- sowie Lieferrisiken minimalisieren. In diesem Sinne modernisiert der Klimawandel das tradierte Konzept der vertikalen Integration auf globaler Bühne.
Die Analyse zeigt deutlich: Klimawandel fungiert längst als wirtschaftlicher Gamechanger, nicht als Umweltproblem am Rand. Deutsche Wettbewerbsfähigkeit entsteht künftig dort, wo Energie, Innovation, Arbeit, Finanzen und Regionalentwicklung konsequent entlang der physikalischen und regulatorischen Klimarealität orchestriert werden. Wer diese Realität ignoriert, verliert Marktanteile; wer antizipiert, erschließt Wachstumspfade. Der Wirtschaftsstandort Deutschland schreibt so sein nächstes Kapitel im Zeichen einer planetaren Betriebswirtschaftslehre.
Extreme Hitzeperioden, veränderte Niederschlagsmuster und immer häufigere Starkwetterereignisse prägen bereits jetzt die deutsche Klimarealität. Auf den ersten Blick wirkt die Diskussion darüber naturwissenschaftlich, doch gerade für den industriell geprägten Wirtschaftsstandort zeigt sich ein tiefgreifender Strukturwandel. Energieversorgung, Produktionslogistik, Fachkräfteattraktivität, regionale Wertschöpfungsketten und internationale Wettbewerbsfähigkeit verschieben sich gleichzeitig. In dieser Lage kristallisiert sich der Klimawandel als größter externer Treiber für unternehmerische Entscheidungen seit der Wiedervereinigung heraus. Die nächsten Jahre verlangen deshalb Innovationskraft, regulatorische Klarheit und finanzielle Durchhaltekraft. Klimapolitische Vorgaben greifen immer tiefer in die Mikroökonomien deutscher Mittelständler ein, gleichzeitig entdecken globale Investoren Deutschland als Versuchslabor für grüne Technologien.
Der deutsche Energiepfad gleicht einem Schachspiel mit begrenzter Zeit. Fossile Kapazitäten geraten durch CO2-Bepreisung und geopolitische Verfügbarkeitsrisiken unter Druck, während fluktuierende erneuerbare Erzeugung das Stromsystem dekarbonisiert. Gleichzeitig verschiebt die Elektrifizierung ganzer Sektoren die Nachfragekurve steil nach oben. Der Industriestandort ordnet also nicht lediglich seinen Energiemix neu, vielmehr stellt er Wertschöpfungsprozesse auf völlig andere thermodynamische Parameter ein. Die Bundesnetzagentur prognostiziert einen Strombedarf von über 950 TWh im Jahr 2030, was gegenüber heutigen Niveaus einen Zuwachs von fast einem Drittel markiert.
Neue Hochspannungs-Gleichstrom-Trassen, zellulare Smart Grids und bidirektionale Ladeinfrastruktur für Nutzfahrzeugflotten entstehen parallel. Deren Komplexität führt dazu, dass Energiefragen nicht mehr am Rand von Investitionsplanungen abgehandelt werden. Sie rücken in den Mittelpunkt jeder Standortentscheidung, weil Versorgungssicherheit auf Netzebene, Stromgestehungskosten und Scope-3-Emissionen mittlerweile in Kreislaufsystemen miteinander verschmelzen. Klimawandel transformiert damit die Risikoprofile selbst mittelgroßer Betriebe: Hitzesommer gefährden Kühlprozesse, Niedrigwasser begrenzt Binnenschifffahrt, Sturmfluten bedrohen Küstenterminals. Eine resiliente Energieinfrastruktur bildet den einzigen tragfähigen Schutzwall gegen diese Kettenreaktionen.
Eine der eindrucksvollsten Neuerungen der vergangenen drei Jahre stammt aus dem niedersächsischen Stade: Hier errichtete 2023 ein Konsortium um das Start-up Hydrogenious LOHC Technologies den europaweit ersten Großspeicher für Wasserstoff, der flüssiges organisches Trägermaterial auf Ammoniakbasis nutzt. Diese Anlage verflüssigt erneuerbar produzierten Wasserstoff chemisch in Ammoniakmolekülen, transportiert das Gemisch in konventionellen Tankschiffen und reextrahiert den Gaszustand erst am Zielort. Das Verfahren erhöht die Energiedichte gegenüber kryogener Verflüssigung um rund 25 Prozent und senkt Verdampfungsverluste fast vollständig. Für den Wirtschaftsstandort bedeutet das: Importabhängigkeit wird nicht einfach verlagert, weil Energie aus sonnenreichen Weltregionen mit bestehenden Hafenstrukturen verknüpft wird.
Der Speicher markiert mehr als eine technologische Fußnote. Er liefert ein Musterbeispiel dafür, wie sich Infrastruktur in Richtung modularer, klimaneutraler Wertschöpfungsketten verschiebt. Planer industrieller Cluster erhalten plötzlich die Aussicht, Prozesswärme abseits von Pipeline-Netzen zu gestalten. Maritime Zulieferer diversifizieren ihre Flotten in Richtung Ammoniaktanker. Banken entwickeln neue Risikoindikatoren, weil externe Effekte physischer Klimarisiken nun mit der Volatilität junger Wasserstoffmärkte interagieren. Das Innovationsfenster 2023 bis heute zeigt an dieser Stelle, dass Klimawandel als Beschleuniger für Dekarbonisierung wirkt und zugleich als Kristallisationskern neuer Exportmodelle "Made in Germany" fungiert.
Politische Ökonomie beschreibt eine Situation, in der Klimawandel sowohl Regelgeber als auch Marktakteur ersetzt. Mit der Novelle des Klimaschutzgesetzes von 2021 definiert Deutschland verbindliche Emissionsbudgets für jeden Sektor. Das Bundesverfassungsgericht zementiert diese Vorgaben 2021 mit dem Verweis auf künftige Generationengerechtigkeit. Seitdem prescht die Gesetzgebung voran: Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, nationales Emissionshandelssystem, Carbon-Leakage-Verordnung. Kostenstruktur und Standortentscheidungen verändern sich nicht in linearen Korridoren; sie springen zwischen regulatorischen Stufen. Strategische Planung gleicht seither einem multiplen Target-Moving-Prozess.
Die absolute Umlenkung finanzieller Ströme spiegelt sich im Green-Bond-Markt. Deutsche Emittenten legten 2023 nachhaltige Anleihen im Wert von über 110 Milliarden Euro auf. Auf Unternehmensebene verschieben sich Kapitalrenditeerwartungen hin zu "Total Cost of Ownership" über 20 Jahre. Abschreibungszyklen für fossile Anlagen verkürzen sich, während regenerative Assets Ausnahmekonditionen erhalten. Klimawandel formatiert Bilanzierungslogiken um, indem er Umweltexternalitäten in harte Kalkulationsposten transformiert. Wer Vorprodukte aus Regionen mit niedrigem Klimarisiko bezieht, reduziert Kreditaufschläge um Basis-Punkte; Ratingagenturen berücksichtigen physische Risikokarten.
- Dekarbonisierung der Grundstoffindustrien
- Ausbau digitalisierter Stromnetze und Speicher
- Standortwahl entlang physischer Klimarisikokarten
- Fachkräftequalifikation für grüne Technologien
- Finanzierungsmodelle mit Nachhaltigkeitskriterien
- Resiliente Lieferketten durch Diversifizierung
- Innovationskooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft
Diese sieben Vektoren strukturieren die Zukunft des Wirtschaftsstandorts und definieren zugleich den Handlungsrahmen von Kommunen, Verbänden und Konzernen. Jede einzelne Maßnahme wirkt erst dann voll, wenn sie mit den übrigen Zahnrädern in gegenseitige Verstärkung tritt. Klimawandel agiert als systemischer Stresstest: Er deckt blinde Flecken auf, treibt Technikkosten herunter und erzeugt ungeahnte Lernkurvenvorteile.
Die Transformation schlägt sich besonders scharf in den Beschaffungsetagen mittelständischer Produktionsbetriebe nieder. Wo früher ausschließlich Kilowattstundenpreise entschieden, rücken Herkunftsnachweise, Lastmanagement und PPA-Strukturen in den Vordergrund. Spezifische Angebote wie Ökostrom für das Gewerbe illustrieren die neue Prioritätenordnung. Unternehmen senken mit echten Grünstromverträgen nicht allein ihren CO2-Footprint, sie sichern zugleich Preisstabilität durch langfristige Lieferverträge ab, die an Windpark- und Photovoltaik-Portfolios gekoppelt werden. In der Folge bewegen sich Stromkosten stärker entlang meteorologischer Prognosen, wodurch Wetter- und Klimadaten zu Kernelementen betrieblicher Controlling-Abteilungen avancieren.
Einkaufsabteilungen agieren inzwischen ähnlich wie Rohstoffhändler: Sie analysieren Niederschlagsindizes im Norden, antizipieren Sonneneinstrahlung in Süddeutschland und berücksichtigen Offshore-Windberuhigungsphasen in der Nordsee. Softwaregestützte Prognosesysteme kalkulieren saisonale Produktionspläne in enger Korrelation mit Grünstromprofilen. Damit wandert Verantwortung weg von isolierten Energiemanagern hin zu crossfunktionalen Teams, die Klimakompetenz, Datenwissenschaft und Supply-Chain-Steuerung verschmelzen. Der Klimawandel verleiht somit Strombeschaffung eine strategische Tiefe, die früher Großchemiekonzernen vorbehalten war.
Deutschlands Wirtschaftsleistung entsteht zu fast 75 Prozent im Dienstleistungssektor, doch Industriearbeitsplätze definieren immer noch die Exportstärke. Klimawandel verschiebt Qualifikationsprofile in beiden Sphären. Wärmepumpenmonteure, Wasserstoffchemiker, Batteriesystemingenieure und Wiederaufforstungs-Spezialisten erleben eine Wachstumsdynamik, während klassische Verbrennungsmotortechnik graduell abnimmt. Gewerkschaften, Industrieverbände und Bildungsministerien richten Curricula neu aus, um sogenannte "Green Skills" systematisch in duale Ausbildungswege zu integrieren. Gleichzeitig verändert die Physik des Klimawandels selbst die Arbeitsbedingungen: Mehr Hitzetage führen zu veränderten Schichtmodellen, verlängerte Pollenperioden erfordern arbeitsmedizinische Anpassungen, Küstenbetriebe definieren Evakuierungsprotokolle für Sturmfluthöhe 4,5 Meter.
Diese Entwicklungen implizieren neue sozialpolitische Fragen. Tarifverträge fügen Klimarisikozuschläge ein, Unfallversicherer kalkulieren Hitze-Indizes in Prämientafeln, Kommunen investieren in schattenspendende Infrastruktur rund um Industriegebiete. Dabei verschiebt sich das ökonomische Leitbild vom reinen Effizienzparadigma hin zu einem Resilienzgedanken. Die Produktivität eines Standorts bemisst sich künftig daran, wie reibungslos er extreme Wetterschwankungen absorbiert, ohne Personalfluktuation oder Qualitätsverluste zu erzeugen. Die soziale Dimension des Klimawandels wird damit zu einem versteckten Standortfaktor, dessen Wert über eine stabile und motivierte Belegschaft zurückfließt.
Deutschland agiert in einem Weltmarkt, dessen Handelsrouten bereits klimatisch neu vermessen werden. Dürreperioden am Panamakanal verzögern Schiffsverkehr, arktische Schmelze eröffnet jedoch potenziell kürzere Nordostpassagen. Unternehmen, die bisher just-in-time produzierten, errichten Zwischenlager oder verlagern Teilfertigungen in Klimaräume mit geringerer Extremwetterfrequenz. Zeitgleich entsteht diplomatischer Druck: Die Europäische Union führte 2023 den Carbon Border Adjustment Mechanism ein, der Importpreise um einen CO2-Zoll ergänzt. Produzenten realisieren, dass CO2-Intensität zu einer handelspolitischen Größe mutiert, die ähnlich wie Zölle, Subventionen oder Sanktionen Standortentscheidungen beeinflusst.
Zugleich rückt Klimagerechtigkeit in den Fokus internationaler Verhandlungen. Staaten des globalen Südens verlangen Technologie-Transfer und Anpassungsfinanzierung, damit ihre Exportketten klimafest bleiben. Multinationale Konzerne komplementieren Offsetting-Strategien durch "Insetting", investieren also direkt in Aufforstungs- oder Solarkraftprojekte innerhalb eigener Lieferketten. Deutsche Standorte profitieren, wenn Lieferanten dank erneuerbarer Stromerzeugung stabile Produktionsbedingungen erreichen und dadurch Reputations- sowie Lieferrisiken minimalisieren. In diesem Sinne modernisiert der Klimawandel das tradierte Konzept der vertikalen Integration auf globaler Bühne.
Die Analyse zeigt deutlich: Klimawandel fungiert längst als wirtschaftlicher Gamechanger, nicht als Umweltproblem am Rand. Deutsche Wettbewerbsfähigkeit entsteht künftig dort, wo Energie, Innovation, Arbeit, Finanzen und Regionalentwicklung konsequent entlang der physikalischen und regulatorischen Klimarealität orchestriert werden. Wer diese Realität ignoriert, verliert Marktanteile; wer antizipiert, erschließt Wachstumspfade. Der Wirtschaftsstandort Deutschland schreibt so sein nächstes Kapitel im Zeichen einer planetaren Betriebswirtschaftslehre.
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