Zum siebten Mal hatte das Nationaltheater in die zweitgröĂte Stadt RumĂ€niens geladen. Cluj-Napoca, Klausenburg, die international frequentierte UniversitĂ€tsstadt liegt im rumĂ€nischen SiebenbĂŒrgen ...
... unter kulturellem Blickwinkel besser bekannt als Transsilvanien mit wechselhafter dakischer, rumÀnischer, ungarischer, österreichischer und deutscher Vergangenheit. Noch heute leiden Teile der Bevölkerung an dem Europa weiten Finanz- und Sozialskandale des finnischen Handyherstellers Nokia, einem Betrug an gewaltig vielen ArbeitsplÀtzen und Dumpinglöhnen unter jeglichem Niveau.
Mit Extremen umzugehen haben die RumÀnen hinlÀnglich Erfahrung und im Angesicht augenblicklicher politischer Gesamteuropa- und Weltlage stehen sie da nicht alleine. Ein internationales Treffen im Rahmen von Theater, Film, Literatur ist angebracht.
Das Theater soll seine Kraft dazu nutzen, Besucher und Akteure mit extremen gesellschaftlich-politischen Fragen zu konfrontieren: "Was geschieht, wenn die Regeln des menschlichen Miteinanders zerbrechen, die Balance zwischen Gut und Böse auf dem Kopf steht, Grenzen persönlicher Freiheit in Dysfunktion des Systems in extreme Verhaltensweisen Einzelner entgleiten? Wie können wir mit Extremen auf BĂŒhne und Leinwand umgehen, mit Terror, Tod, Krieg, Selbstmord, Totalitarismus, Gewalt, Manipulation und Schrecken? Weitreichende Themen, die einen einerseits erschaudern lassen, jedoch gleichzeitig zum Ăberdenken um die Bedeutung dieser Balance von Toleranz und profunden menschlichen Werten auffordern," so Mihai Maniutiu (Generalmanager) und Stefana Pop-Curseu (kĂŒnstlerische Leiterin des Nationaltheaters) im Vorwort zur umfangreichen Veranstaltung.
Und so strukturiert sich das Extreme weniger in voyeuristischen Aktionen als in einer Exploration gegensĂ€tzlicher Pole von kulturellen und kĂŒnstlerischen Acts, hierzu eine Auswahl:
Uhrwerk Orange als Zeugnis rumÀnischer Politik- und Sozialstruktur
In der Regie von Razvan Muresan lĂ€uft eine zynische Farce ĂŒber die Auflehnung gegen die bĂŒrgerliche Ordnung ab, eine Anklage gegen den Staatsapparat, der AuĂenseiter durch medizinische Manipulationen gleichschaltet und ein PlĂ€doyer fĂŒr die bedingungslose individuelle Freiheit. Skrupellose Politiker werden angeprangert ebenso wie Wissenschaftler, die inhumane Experimente durchfĂŒhren. Das Extreme der Geschichte spiegelt hautnah rumĂ€nische RealitĂ€t.
Alex, der Verlierer, von seinen Kumpanen verraten, von den Eltern verstoĂen, von Ărzten als Versuchsobjekt missbraucht, von politischen Gegnern der Regierung instrumentalisiert, wird brillant interpretiert von Cristian Grosu. Allerdings artet die Spielwut nicht in Gewaltverherrlichung aus. Anthony Burgess, der Novelist und Stanley Kubrick, der Regisseur des gleichnamigen Kultfilms, treten dafĂŒr ein, dass jedem die Freiheit gegeben sein mĂŒsse, sich zwischen Gut und Böse zu entscheiden. Die mit kontrastierender Musik unterlegten Szenen bleiben Theaterspiel. Die Angst, nicht der Romanvorlage zu genĂŒgen, gibt diesem Spiel allerdings zu viel LĂ€ngen und verliert auf diesem Weg an SchĂ€rfe und PrĂ€gnanz, trotzdem ein gewichtiger Auftakt zum Thema des Treffens.
George Tabori: Die Goldberg-Variationen ĂŒber die Erschaffung der Welt mit der Erschaffung eines Theaterabends oder eine "Erschöpfung" beim internationalen Treffen EXTREME ...
Ein wenig derb, etwas respektlos, sehr albern, ein kunterbuntes Durcheinander und kein perfekter Abend, den Regisseur Mihai Maniutiu mit dem Nationaltheater Iasi im Sinne des Autors abgeliefert hat: Mr. Jay (Calin Chirila)und Goldberg (Marcel Iures) ergĂ€nzen sich perfekt als Antipoden. Der eine kommt hektisch daher, ein grausamer Tyrann, was die krasse Textvorlage hergibt, Goldberg im Gegensatz dazu unterwĂŒrfig und passend, als Jesusersatz ans Kreuz genagelt zu werden.
WÀhrend sich die Welt rapide verschlechtert, stellt sich immer dringender die Frage: "Kennst du eine bessere?" Das Theater stellt sich als ein einziges Chaos heraus und Tabori, so gesehen, als Realist nach dem Herzen des Publikums. Mr. Jay klÀrt seine Leute auf. Sie sind Mitwirkende im Theater der Grausamkeit, "falls es euch entgangen ist." (...)
Nach dem etwas ĂŒberzogenen Tabori "Mein Kampf" (Regie Alexandru Dabija), der so sehr recht nach dem Geschmack der RumĂ€nen geraten ist, zumindest was Bauerntheater und Musik angeht, hat sich nun Theaterchef Maniutiu an den Schriftsteller gewagt. In einem szenischen "Jesus Christ Superstar Umfeld" mit einem bombastischen Golgatha des BĂŒhnenbildners Adrian Damian, darf hier von einem gelungenerem Unterfangen die Rede sein, auch wenn dann die Kreuzigung des Falschen, nĂ€mlich Goldbergs, wieder nahe am Abgrund steht: BĂŒhne frei fĂŒr die Show im opulenten BĂŒhnenset Damians. Er ist es auch, der mit den beiden Lichtdesignern Lucian Moga und Cristian Simon, so wie der krachenden Musik von Mihai Dobre eine neue Zeit einlĂ€utet: "Could we start again, please, die Bibel vermischt mit Jesus Christ Superstar, jĂŒdische Version, Tabori made in Romania.
"Playlist" des RumÀnen C.C. Buricea-Mlinarcic
In der Regie von Tudor Lucanu lĂ€sst zeigt diese Geschichte eine rumĂ€nisch-ungarische Familie zwischen 1989 und 2008, dem "goldenen Zeitalter" ohne Licht, Heizung und rationalisierter Verpflegung bis hin zu einer (eventuellen) Demokratie. Darin aalen sich rotzfrech die Ehemaligen, die die neue Weltordnung schaffen wollen. Diese rumĂ€nische Story ĂŒber die Zeit der "Revolution" und danach, beherrscht auch fast 30 Jahre spĂ€ter noch die Gesellschaft. Es soll das landesweite Syndrom aufgezeigt werden, an dem die RumĂ€nen noch mehrere Generation zu arbeiten haben, damit es nicht dieselbe kontrolliert, so der Regisseur. Die Vorlage gibt allerdings nicht sehr viel her und so bleibt fĂŒr den Besucher, sich diesem Extrem selber weiter anzunehmen.
Anders beim "Prozess" in der Regie von Mihaela Panainte, einem von drei Romanfragmenten aus Kafkas Nachlass, in der eine groteske und scheinbar irreale Welt erlebt wird, in der Grundrechte verletzt werden: ein aktuelles Thema im Umfeld rumÀnischer Alltagspolitik von Korruption bis zum Versuch, Minderheiten zu eliminieren.
Die Regisseurin fĂŒhrte die Crew durch ihre ganz eigene kafkaeske Welt. Sie forderte fĂŒr rumĂ€nisches Theater ungewohnte BewegungsablĂ€ufe (zu denen sie die Choreografin EnikĆ Györgyjakab geholt hat) und einen adĂ€quaten, sehr exakten Sprachduktus, der keine wie in RumĂ€nien sonst so beliebten egozentrischen Interpretationen zulĂ€sst. Und es stimmt alles. Die Darsteller haben sich in diese neue Welt hineingespielt, die Regie verinnerlicht. Rhythmus, Timing und Sprache verschmelzen zu einer Einheit. Die Szenerie des RumĂ€nien stĂ€mmigen Deutschen Helmut StĂŒrmer beweist sich fĂŒr eine Panainte-Inszenierung erneut als perfektes bĂŒhneninstallatorisches Pendant, das bereits vor drei Jahren in "Medio Monte" den Erfolg beschied. Die metallenem Strukturen unterstreichen optisch die kĂŒnstlerische Tiefe der intellektuellen Welten beider KĂŒnstler, eine ideale Symbiose, aus der heraus Ionut Caras in der Rolle des Herrn K. (auch Adrian Cucu und Cristian Grosu) ein beeindruckendes BĂŒhnenerlebnis erwachsen lassen. Der "panaintische" Kafka spricht jedoch aus jedem der Schauspieler in groĂer und noch so kleiner Rolle und alle tragen dazu bei, dass das Publikum gefangen und die Ensembleleistung nach 95 Minuten durch verdienten Applaus belohnt wird.
Zwei denkwĂŒrdige Begegnungen mit dem Schriftsteller MatĂ©i Visniec auf BĂŒhne und Leinwand
In der "Tschechow-Maschinerie"
"In der 'Tschechow-Maschinerie' lebt der russische Schriftsteller mit seinen Charakteren zusammen und befindet sich in Interaktion mit ihnen. Die AtmosphĂ€re ist krankhaft, geisterhaft, was nicht verwundert, denn die Auswahl der Charaktere basiert auch auf ihren jeweiligen Krankheiten (zum Beispiel TB)," so Daniela Silidian im Aurora-Magazin (01. 12. 2008). FĂŒr das Festival schildern junge Schauspieler des Nationaltheaters Cluj-Napoca (Alex Popa, Irina Sibef, Radu Dogaru, Nicole Burlacu, Cosmin Stanila, Regie Catalin Borcirnea) in Magischem Realismus eine derartige Situation aus den letzten Lebenstagen Tschechows, "eine philosophische Betrachtung des Schreibens, des Todes und sicherlich noch von vielem Anderen", wie Visniec es nennt.
Bei weitem noch mehr beeindruckt die Filmpremiere von "ZĂ€hne" des Regisseurs Rares Stoica das Publikum und Autor Visniec mit einer Mischung zwischen absurder, kriegsrealer Grausamkeit. Mit viel Poesie wird hier die Geschichte von zwei Soldaten erzĂ€hlt, die den Toten auf dem Schlachtfeld ihre GoldzĂ€hne entreiĂen. Doch da liegt plötzlich einer, "tot mĂŒde, aber zu warm um tot zu sein", mit dem sie sich auseinandersetzen mĂŒssen. Auf der Kreuzung zwischen Leben und Tod ĂŒberschreiten sie am Ende ihrer Geduld die Grenzen von Raum und Zeit, bringen sich und uns in eine andere Dimension von Menschlichkeit mit der Frage nach der jeweiligen Schuld, entwickeln auf sehr drastische Art und Weise einen der subtilen Gedanken des Schriftstellers. Von Theater und Film ist Visniec sichtlich angetan.
Musikalisch verabschieden die Komponistin, Chanson-Schreiberin, SĂ€ngerin und Gitarristin Ada Milea und der Geiger Alexandru Balanescu Besucher und GĂ€ste mit einem Abend vom heiteren oder tristen Einerlei, vom Aufstehen, Arbeiten, Schlafen und demselben tĂ€glichen Prozedere. Geige, Gitarre und zwei international bekannte RumĂ€nen berichten musikalisch ĂŒber das Paradies mit all seinen Problemen, der Liebe, den TrĂ€umen vom Gestern und dem Aufwachen im Heute, ein Paradies, das sich hier und heute, ganz nah bei einem jeden von uns befindet âŠ
Buchvorstellungen, Lesungen und "NÀchte des extremen Kurzfilms" und eine Movementshow (Organic Sound Twist - OST von und mit Andrea Gavriliu) erweitern die Palette der siebten Cluj-Tage zu einem aufwendigen rumÀnischen Showcase. Cluj stellt sich kulturell international auf und macht neugierig auf Kommendes. (von Dieter Topp)
Weitere Informationen unter teatrulnationalcluj.ro
... unter kulturellem Blickwinkel besser bekannt als Transsilvanien mit wechselhafter dakischer, rumÀnischer, ungarischer, österreichischer und deutscher Vergangenheit. Noch heute leiden Teile der Bevölkerung an dem Europa weiten Finanz- und Sozialskandale des finnischen Handyherstellers Nokia, einem Betrug an gewaltig vielen ArbeitsplÀtzen und Dumpinglöhnen unter jeglichem Niveau.
Mit Extremen umzugehen haben die RumÀnen hinlÀnglich Erfahrung und im Angesicht augenblicklicher politischer Gesamteuropa- und Weltlage stehen sie da nicht alleine. Ein internationales Treffen im Rahmen von Theater, Film, Literatur ist angebracht.
Das Theater soll seine Kraft dazu nutzen, Besucher und Akteure mit extremen gesellschaftlich-politischen Fragen zu konfrontieren: "Was geschieht, wenn die Regeln des menschlichen Miteinanders zerbrechen, die Balance zwischen Gut und Böse auf dem Kopf steht, Grenzen persönlicher Freiheit in Dysfunktion des Systems in extreme Verhaltensweisen Einzelner entgleiten? Wie können wir mit Extremen auf BĂŒhne und Leinwand umgehen, mit Terror, Tod, Krieg, Selbstmord, Totalitarismus, Gewalt, Manipulation und Schrecken? Weitreichende Themen, die einen einerseits erschaudern lassen, jedoch gleichzeitig zum Ăberdenken um die Bedeutung dieser Balance von Toleranz und profunden menschlichen Werten auffordern," so Mihai Maniutiu (Generalmanager) und Stefana Pop-Curseu (kĂŒnstlerische Leiterin des Nationaltheaters) im Vorwort zur umfangreichen Veranstaltung.
Und so strukturiert sich das Extreme weniger in voyeuristischen Aktionen als in einer Exploration gegensĂ€tzlicher Pole von kulturellen und kĂŒnstlerischen Acts, hierzu eine Auswahl:
Uhrwerk Orange als Zeugnis rumÀnischer Politik- und Sozialstruktur
In der Regie von Razvan Muresan lĂ€uft eine zynische Farce ĂŒber die Auflehnung gegen die bĂŒrgerliche Ordnung ab, eine Anklage gegen den Staatsapparat, der AuĂenseiter durch medizinische Manipulationen gleichschaltet und ein PlĂ€doyer fĂŒr die bedingungslose individuelle Freiheit. Skrupellose Politiker werden angeprangert ebenso wie Wissenschaftler, die inhumane Experimente durchfĂŒhren. Das Extreme der Geschichte spiegelt hautnah rumĂ€nische RealitĂ€t.
Alex, der Verlierer, von seinen Kumpanen verraten, von den Eltern verstoĂen, von Ărzten als Versuchsobjekt missbraucht, von politischen Gegnern der Regierung instrumentalisiert, wird brillant interpretiert von Cristian Grosu. Allerdings artet die Spielwut nicht in Gewaltverherrlichung aus. Anthony Burgess, der Novelist und Stanley Kubrick, der Regisseur des gleichnamigen Kultfilms, treten dafĂŒr ein, dass jedem die Freiheit gegeben sein mĂŒsse, sich zwischen Gut und Böse zu entscheiden. Die mit kontrastierender Musik unterlegten Szenen bleiben Theaterspiel. Die Angst, nicht der Romanvorlage zu genĂŒgen, gibt diesem Spiel allerdings zu viel LĂ€ngen und verliert auf diesem Weg an SchĂ€rfe und PrĂ€gnanz, trotzdem ein gewichtiger Auftakt zum Thema des Treffens.
George Tabori: Die Goldberg-Variationen ĂŒber die Erschaffung der Welt mit der Erschaffung eines Theaterabends oder eine "Erschöpfung" beim internationalen Treffen EXTREME ...
Ein wenig derb, etwas respektlos, sehr albern, ein kunterbuntes Durcheinander und kein perfekter Abend, den Regisseur Mihai Maniutiu mit dem Nationaltheater Iasi im Sinne des Autors abgeliefert hat: Mr. Jay (Calin Chirila)und Goldberg (Marcel Iures) ergĂ€nzen sich perfekt als Antipoden. Der eine kommt hektisch daher, ein grausamer Tyrann, was die krasse Textvorlage hergibt, Goldberg im Gegensatz dazu unterwĂŒrfig und passend, als Jesusersatz ans Kreuz genagelt zu werden.
WÀhrend sich die Welt rapide verschlechtert, stellt sich immer dringender die Frage: "Kennst du eine bessere?" Das Theater stellt sich als ein einziges Chaos heraus und Tabori, so gesehen, als Realist nach dem Herzen des Publikums. Mr. Jay klÀrt seine Leute auf. Sie sind Mitwirkende im Theater der Grausamkeit, "falls es euch entgangen ist." (...)
Nach dem etwas ĂŒberzogenen Tabori "Mein Kampf" (Regie Alexandru Dabija), der so sehr recht nach dem Geschmack der RumĂ€nen geraten ist, zumindest was Bauerntheater und Musik angeht, hat sich nun Theaterchef Maniutiu an den Schriftsteller gewagt. In einem szenischen "Jesus Christ Superstar Umfeld" mit einem bombastischen Golgatha des BĂŒhnenbildners Adrian Damian, darf hier von einem gelungenerem Unterfangen die Rede sein, auch wenn dann die Kreuzigung des Falschen, nĂ€mlich Goldbergs, wieder nahe am Abgrund steht: BĂŒhne frei fĂŒr die Show im opulenten BĂŒhnenset Damians. Er ist es auch, der mit den beiden Lichtdesignern Lucian Moga und Cristian Simon, so wie der krachenden Musik von Mihai Dobre eine neue Zeit einlĂ€utet: "Could we start again, please, die Bibel vermischt mit Jesus Christ Superstar, jĂŒdische Version, Tabori made in Romania.
"Playlist" des RumÀnen C.C. Buricea-Mlinarcic
In der Regie von Tudor Lucanu lĂ€sst zeigt diese Geschichte eine rumĂ€nisch-ungarische Familie zwischen 1989 und 2008, dem "goldenen Zeitalter" ohne Licht, Heizung und rationalisierter Verpflegung bis hin zu einer (eventuellen) Demokratie. Darin aalen sich rotzfrech die Ehemaligen, die die neue Weltordnung schaffen wollen. Diese rumĂ€nische Story ĂŒber die Zeit der "Revolution" und danach, beherrscht auch fast 30 Jahre spĂ€ter noch die Gesellschaft. Es soll das landesweite Syndrom aufgezeigt werden, an dem die RumĂ€nen noch mehrere Generation zu arbeiten haben, damit es nicht dieselbe kontrolliert, so der Regisseur. Die Vorlage gibt allerdings nicht sehr viel her und so bleibt fĂŒr den Besucher, sich diesem Extrem selber weiter anzunehmen.
Anders beim "Prozess" in der Regie von Mihaela Panainte, einem von drei Romanfragmenten aus Kafkas Nachlass, in der eine groteske und scheinbar irreale Welt erlebt wird, in der Grundrechte verletzt werden: ein aktuelles Thema im Umfeld rumÀnischer Alltagspolitik von Korruption bis zum Versuch, Minderheiten zu eliminieren.
Die Regisseurin fĂŒhrte die Crew durch ihre ganz eigene kafkaeske Welt. Sie forderte fĂŒr rumĂ€nisches Theater ungewohnte BewegungsablĂ€ufe (zu denen sie die Choreografin EnikĆ Györgyjakab geholt hat) und einen adĂ€quaten, sehr exakten Sprachduktus, der keine wie in RumĂ€nien sonst so beliebten egozentrischen Interpretationen zulĂ€sst. Und es stimmt alles. Die Darsteller haben sich in diese neue Welt hineingespielt, die Regie verinnerlicht. Rhythmus, Timing und Sprache verschmelzen zu einer Einheit. Die Szenerie des RumĂ€nien stĂ€mmigen Deutschen Helmut StĂŒrmer beweist sich fĂŒr eine Panainte-Inszenierung erneut als perfektes bĂŒhneninstallatorisches Pendant, das bereits vor drei Jahren in "Medio Monte" den Erfolg beschied. Die metallenem Strukturen unterstreichen optisch die kĂŒnstlerische Tiefe der intellektuellen Welten beider KĂŒnstler, eine ideale Symbiose, aus der heraus Ionut Caras in der Rolle des Herrn K. (auch Adrian Cucu und Cristian Grosu) ein beeindruckendes BĂŒhnenerlebnis erwachsen lassen. Der "panaintische" Kafka spricht jedoch aus jedem der Schauspieler in groĂer und noch so kleiner Rolle und alle tragen dazu bei, dass das Publikum gefangen und die Ensembleleistung nach 95 Minuten durch verdienten Applaus belohnt wird.
Zwei denkwĂŒrdige Begegnungen mit dem Schriftsteller MatĂ©i Visniec auf BĂŒhne und Leinwand
In der "Tschechow-Maschinerie"
"In der 'Tschechow-Maschinerie' lebt der russische Schriftsteller mit seinen Charakteren zusammen und befindet sich in Interaktion mit ihnen. Die AtmosphĂ€re ist krankhaft, geisterhaft, was nicht verwundert, denn die Auswahl der Charaktere basiert auch auf ihren jeweiligen Krankheiten (zum Beispiel TB)," so Daniela Silidian im Aurora-Magazin (01. 12. 2008). FĂŒr das Festival schildern junge Schauspieler des Nationaltheaters Cluj-Napoca (Alex Popa, Irina Sibef, Radu Dogaru, Nicole Burlacu, Cosmin Stanila, Regie Catalin Borcirnea) in Magischem Realismus eine derartige Situation aus den letzten Lebenstagen Tschechows, "eine philosophische Betrachtung des Schreibens, des Todes und sicherlich noch von vielem Anderen", wie Visniec es nennt.
Bei weitem noch mehr beeindruckt die Filmpremiere von "ZĂ€hne" des Regisseurs Rares Stoica das Publikum und Autor Visniec mit einer Mischung zwischen absurder, kriegsrealer Grausamkeit. Mit viel Poesie wird hier die Geschichte von zwei Soldaten erzĂ€hlt, die den Toten auf dem Schlachtfeld ihre GoldzĂ€hne entreiĂen. Doch da liegt plötzlich einer, "tot mĂŒde, aber zu warm um tot zu sein", mit dem sie sich auseinandersetzen mĂŒssen. Auf der Kreuzung zwischen Leben und Tod ĂŒberschreiten sie am Ende ihrer Geduld die Grenzen von Raum und Zeit, bringen sich und uns in eine andere Dimension von Menschlichkeit mit der Frage nach der jeweiligen Schuld, entwickeln auf sehr drastische Art und Weise einen der subtilen Gedanken des Schriftstellers. Von Theater und Film ist Visniec sichtlich angetan.
Musikalisch verabschieden die Komponistin, Chanson-Schreiberin, SĂ€ngerin und Gitarristin Ada Milea und der Geiger Alexandru Balanescu Besucher und GĂ€ste mit einem Abend vom heiteren oder tristen Einerlei, vom Aufstehen, Arbeiten, Schlafen und demselben tĂ€glichen Prozedere. Geige, Gitarre und zwei international bekannte RumĂ€nen berichten musikalisch ĂŒber das Paradies mit all seinen Problemen, der Liebe, den TrĂ€umen vom Gestern und dem Aufwachen im Heute, ein Paradies, das sich hier und heute, ganz nah bei einem jeden von uns befindet âŠ
Buchvorstellungen, Lesungen und "NÀchte des extremen Kurzfilms" und eine Movementshow (Organic Sound Twist - OST von und mit Andrea Gavriliu) erweitern die Palette der siebten Cluj-Tage zu einem aufwendigen rumÀnischen Showcase. Cluj stellt sich kulturell international auf und macht neugierig auf Kommendes. (von Dieter Topp)
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