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brand eins: Echte Qualität ist keine geschlossene Anstalt


Von NeueNachricht

Normen und industrieller Autismus schaffen keinen Kundenservice

Thumb Hamburg - Weite Teile der Bevölkerung seien heute mit der Produktion und Inverkehrbringung von Ramsch und miesem Service beschäftigt, schreibt Wolf Lotter in seinem Essay zum Schwerpunktthema „Qualität" für die Oktoberausgabe der Zeitschrift brand eins http://www.brandeins.de/aktuelle-ausgabe/artikel/die-geprellten.html „Nach den Wegwerfartikeln sind wir bei den Einweg-Dienstleistungen angekommen. Eine hohe Servicequalität erkennt der Kunde schon, wenn die Stimme im Callcenter (0,49 Euro die Minute, Festnetz ) in weniger als zehn Minuten ‚Hallo, mein Name ist Dingsbums, was kann ich für Sie tun‘, sagt, auch wenn das nur rhetorisch gemeint ist. Als qualitativ hochwertig gilt vielen, was nicht gleich nach dem Auspacken auseinanderfällt. Guter Service, das ist, wenn man im Reklamationsfall nicht persönlich beleidigt oder vom Opfer zum Täter (Fehlbedienung) gemacht wird. Glücklich ist, wer Spurenelemente der vollmundigen Marketingversprechen in dem entdeckt, was er gekauft hat. Eigentlich ist es zum Heulen, aber dafür ist keine Zeit. Es ist höchste Zeit für bessere Qualität. Warum? Weil die einzige Chance der wohlhabenden Ex-Industriestaaten in einem neuen Qualitätsverständnis liegt. Weil es nicht widerlegbar ist, was der ehemalige Bundespräsident Horst Köhler einmal sagte, nämlich dass ‚wir um so viel besser sein müssen, wie wir teurer sind‘", so Lotter.  Deutschland könne auf dem Weltmarkt nur mit Serviceexzellenz punkten, bestätigt Peter Weilmuenster, Vorstandschef des After Sales-Dienstleisters Bitronic http://peterweilmuenster.wordpress.com/. „Deshalb müssen wir uns von den industriellen Denkkategorien verabschieden und die Schwerpunkte unserer Wirtschaftsleistungen bei innovativen Dienstleistungen setzen", fordert der Fachmann für Informationstechnologie und Telekommunikation. Die Smart Service Initiative beklagt, dass die Forschung für Dienstleistungen zu kurz kommt. Eine aktuelle Untersuchung stellt fest: „Deutsche Unternehmen der verarbeitenden Industrie investieren pro Jahr und Mitarbeiter im Schnitt rund 3.215 Euro in Forschung und Entwicklung. Dienstleister dagegen bringen es im Vergleich dazu gerade mal auf 67 Euro." Mit Prüforganisationen oder Gütesiegel-Händler komme man nicht weit, mahnt Lotter: „Wenn Menschen über Qualität reden, dann meinen sie fast immer etwas anderes als die Konventionen über Qualität, die kulturellen, viel mehr noch aber die technischen Normen und Standards, die vermeintlich die Güte und das Gefühl der Hochwertigkeit zu regulieren versuchen. In seinem richtungsweisenden Aufsatz ‚What does Product Quality really mean‘ aus dem Jahr 1984 hat der Harvard-Professor und Qualitätsforscher David A. Garvin diesen Punkt klargestellt. Wenn Kunden und Käufer von Qualität reden, schreibt er, dann meinen sie eigentlich transzendentale Qualität. Sie meinen also weder die Einhaltung von ISO-Normen noch von Marketingbehauptungen. Sie vertrauen in Wahrheit weder elitären Clubs von Qualitätskennern noch Güte- und Prüfsiegeln. Im Kern vertrauen sie nur sich selbst und ihren Bedürfnissen, ihren Erfahrungen und Wünschen. Diese Qualitätsanforderungen stehen in keinem Regelwerk und lassen sich auch nur schwer empirisch fassen. Sie sind nicht manifest, sie sind persönlich." Transzendentale Qualität sei nicht messbar, sie wird vielmehr subjektiv und von Person zu Person unterschiedlich durch Erfahrung fassbar, schreibt Garvin dazu. Es sei diese transzendentale Qualität, die den Einzelnen interessiert. „Tritt sie ein, sprechen wir von Hochwertigkeit. Darauf hat niemand eine Garantie, das lässt sich nicht messen", erläutert Lotter. Die Redaktion des Online-Dienstes Wirtschaftslexikon 24 würde noch dem Dogma der alten Wirtschaft anhängen. Der Qualitätsbegriff von Garvin, lesen wir dort, sei „für die betriebliche Praxis ungeeignet". Basta. „Das ist eigentlich die Antwort auf die Frage, warum es um die Qualität heute so schlecht steht. Wir verdienen unser Geld mit Dienstleistungen und Services, Wissen und Ideen - mit allem also, was sich nur durch das Urteil des Kunden ‚messen‘ lässt. Die betriebliche Praxis aber steckt im industriellen Denken fest", kritisiert Lotter. Der Kunde störe - dabei ist dieser industrielle Autismus die wahre und leider weitverbreitete Störung. Man kenne sie auch unter der Bezeichnung „klassische Betriebswirtschaft". Sie münde in Starrsinn, Taubheit, Betriebsblindheit. Die Krankheit werde durch Regeln ausgelöst, die zunächst viel Gutes tun, dann aber völlig außer Kontrolle geraten. Heute würden noch immer sehr viele Entscheider glauben, von der Norm hänge das Glück der Menschheit im Allgemeinen und des Vaterlands im Speziellen ab. Mit der Deutschen Industrie Norm - kurz DIN - oder der berüchtigten ISO 9000 erzeuge man einen bürokratischen Moloch, der ständig neue Bürokratie hervorbringt. „Nichts davon hat wirklich mit einer Verbesserung der Qualität zu tun, dafür aber umso mehr mit Selbstreferenz und Scheinsicherheit", moniert Lotter. Der ideologische Überbau, der hinter der Normierung steckt, sei höchst fragwürdig und werde mit folgender Definition ad absurdum geführt: „Qualität ist ein Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale Anforderungen erfüllt." Diesen Satz sollte man nach Ansicht von Lotter mindestens dreimal laut lesen - dabei aber darauf achtgeben, dass kein Arzt in der Nähe ist. „Das also sind die Leute, die andere transzendente Spinner nennen, weil die wissen, was sie wollen. Die ISO 9000 ist absurd, global verbreitet und längst zum Selbstläufer geworden. Es gibt kaum einen Konzern, eine Regierungsorganisation oder größere Mittelständler, die von ihren Lieferanten nicht die strikte Einhaltung der ISO 9000 verlangen. Zwar muss man das nicht, keine Norm ist ein Gesetz. Aber wer nicht mitspielt, ist geschäftlich erledigt, kriegt keine Aufträge mehr und ist aus dem Rennen", weiß Lotter. Ein paar Hunderttausend Euro koste der Spaß. Und Auditoren, die Amtsräte des 21. Jahrhunderts, hätten dadurch gut zu tun und würden sich ihre Arbeit selbst schaffen. So marschiere die Wirtschaft geschlossen ins neue Berufsbeamtentum. Die meisten Leute, die sich mit Qualitätsmanagement beschäftigen, stecken noch in alten Zeiten fest, sagt Rolf Lohrmann von der Beratungsfirma Qualitycube. http://qualitycube.de/zkd/. In den Siebzigern sagte jeder: Wir messen einfach alles, was sich messen lässt, und das nennen wir dann Qualität. „Mit der ISO 9000 können sie alles machen - eine Frittenbude zertifizieren oder ein Atomkraftwerk. Aber wenn das in der Praxis nicht runtergebrochen wird, dann nützt das nicht viel", so Lohrmann gegenüber brand eins. Gehe es um Dienstleistung, erweist sich die industrielle Tradition der Qualitätssicherung als schwieriges Erbe. Lohrmann empfiehlt: reden. Zuhören. Lernen. Genau das soll auch bei den Social Media Communities im Web rauskommen, endlich soll der Kunde gehört werden. „Deshalb ist es falsch, soziale Netzwerke nur als weiteren Kanal im Kommunikationsmix von Unternehmen zu betrachten. Es geht um die Mitwirkung der Kunden und um eine neue Dialogkultur. Es geht um eine aktive, persönliche und vernetzte Kommunikation und nicht um Einweg-Botschaften des Vertriebs", sagt der After Sales-Experte Weilmuenster. Qualität müsse zur Normalität werden, so Stephan Pucker, Geschäftsführer von Ad Scopum http://www.adscopum.de und Mitglied im Unterstützerkreis der Smart Service Initiative. Er hat sich das Motto des ehemaligen Amazon-Managers Bill Price zu eigen gemacht: „The best service is no service." „Wir brauchen keine Servicemitarbeiter, die ihren Kunden am Telefon erklären, welche Positionen auf der Rechnung was bedeuten. Wir brauchen verständliche Rechnungen", sagt Pucker im Gespräch mit brand eins. Der beste Kundenservice sei einer, den man nie vermisst. Das habe Vorteile. Man könne sich auf die Kunden konzentrieren, bei denen es nicht so gut geklappt hat - und gleichsam die gesamte Struktur verbessern. Durch mehr Kompetenz zum Beispiel: Wenn schon Callcenter, dann solche, in denen Mitarbeiter auch etwas zu sagen haben - statt automatisierte Antworten herunterbeten zu müssen. Unterstützt werde das durch die Software „Limebridge". Sie werde mit Daten von Call Centern gefüttert, erfasst also Beschwerdeanrufe, Reklamationen, verzweifelte Bitten und wütende Ausbrüche von Kunden. „Die Software erzeugt eine Tabelle, in der links der verantwortliche Manager steht, daneben das Thema, weshalb die Kunden anrufen - etwa 720-mal wegen zu kleiner Gepäckablagen im Flugzeug - und die Software rechnet auch hoch und weist aus, was das bisher gekostet hat - zum Beispiel 258 560 Euro. Und das wird vom Budget der Abteilung abgezogen, wenn sie nicht aktiv wird. Es geht aber nicht darum, einen Sündenbock zu haben. Das System zeigt auch, welche manchmal komplizierten - Entscheidungswege im Unternehmen für eine Lösung verantwortlich sind. Die Servicefrage wird nicht mehr im Call Center abgelegt wie alte Klamotten, sondern taucht in der ganzen Organisation auf", schreibt Lotter. Qualität sei also Transparenz plus Zusammenarbeit. „Echte Qualität ist keine geschlossene Anstalt", resümiert Lotter. von Gunnar Sohn


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